21.05.23 – Rico

Wow – ich hätte nicht gedacht, dass ein Sieg so emotional sein kann – im Ziel hatte ich Freudentränen der Erleichterung. Hatte ich doch u.a. den IRONMAN Hawaii Sieger von 2017 und 2018, Patrick Lange, hinter mir gelassen! Viele Jahre habe ich dafür hart trainiert und endlich durfte ich in meinem 1. Jahr als Profi das Zielbanner in die Hand nehmen und den Sieg genießen.

Hier ein kurzer Rückblick.
Vor genau 2 Wochen hatte ich bei der Langdistanzweltmeisterschaft auf Ibiza bis 10km auf der Laufstrecke in Führung gelegen, konnte bis km 15 das Podium halten und danach wollten meine Muskeln nicht mehr richtig schnell laufen, was aber zu erwarten war, weil ich noch nie, nicht mal im Training, 29km am Stück gelaufen war.

Die Woche darauf sind Bianca und ich in der Französischen Liga gestartet. Beim Rückflug fühlte ich mich nicht recht wohl und kurz darauf meldete sich ein Schnupfen. Gedanken der Absage gingen mir durch den Kopf. Von meiner Familie und Freundin unterstützt, sollte ich dennoch nach Kraichgau anreisen. Es war ja auch alles gebucht und bezahlt.

Zum Glück folgte keine körperliche Erschöpfung und meine Aufregung wurde immer größer. Ich träumte vom Podium. Wie werde ich gegen die gestandenen Athleten wie Andrea Salvisberg und Jan Stratmann bestehen? Dann war da auch noch der ehemalige Weltmeister Patrick Lange am Start.

Mit meiner Freundin reiste ich bereits am Mittwoch nach Kraichgau und fuhr in Teilen die bergige Radstrecke ab, dabei wurde mir klar, ich war im „Land der 1000 Hügel“. Bei meinen früheren Starts in der 1. Bundesliga im Kraichgau war die kleine Radrunde, welche wir mehrfach zu absolvieren hatten, dagegen flach.
Auf unserer Wettkampfstrecke ging es fast die gesamte Zeit nur hoch oder runter. Statt den 860 Höhenmeter die auf der Webseite von Ironman angegeben sind, zeigte meine Messung 1050 HM an.

Am Samstag wurden alle Sachen im Wechselgarten abgegeben und Sonntag hieß es 5 Uhr aufstehen, damit der Körper zum Start 8:15 Uhr bereits das Frühstück verdaut hat.

Noch 1:53h bis zum Start. Bis jetzt ist der Zielbereich noch ruhig

Mit dem Busshuttle fuhr ich vom Zielort Bad Schönborn zum Schwimmstart Ubstadt-Weiher.
Da es beim Einschwimmen am Freitag mit einer Wassertemperatur von 17 Grad im Hardtsee recht kühl war, setzte ich im Wettkampf eine Neoprenkappe unter meine Badekappe und war damit wohl der Einzige im Männer Starterfeld. Eine gute Entscheidung?

Beim Schwimmstart auf die 1,9 km wollte ich mich hinter Lukasz Wojt einordnen. Dieses Ziel hatte auch Jan Stratmann und wir behinderten uns gegenseitig etwas. Ich ging hinter Jan, der leider die Füße vom sehr schnellen ehemaligen Schwimmer Lukasz verlor. Dadurch wurde das sehr hohe Anfangstempo ruhiger, Andrea Salvisberg und ich übernahmen und führten das Verfolgerfeld an, dabei schwamm ich nicht Anschlag. In einer 7-Mann-Gruppe verließen wir das Wasser, an deren Ende bereits Patrick Lange war. Mein Wechsel verlief sehr gut. Ich konnte als Zweiter auf mein Rad springen.

Die ersten 12km waren noch flach. Jan Stratmann, Gregor Schreiner und ich machten gleich Druck und es entstand eine vierköpfige Spitzengruppe mit Jesse Hinrichs.

Auf der sehr hügligen Radstrecke – © Joel Reischmann

Dann kamen wir in die vielen Hügel. Ich hatte gute Beine und unser Vorsprung wurde größer und betrug nach 90km 2:40min.

Nach einem schnellen zweiten Wechsel lief ich, wie in all meinen bisherigen Rennen als Profi, in Führung liegend aus der Wechselzone.

Heute sollte was gehen. Hatte ich doch aus meinen wenigen 70.3 Rennen gelernt und war nicht zu hart Rad gefahren. Meine Beine fühlten sich gut an. Mein 1. km in 3:15min. Patrick lief 3:14 an, hatte aber einen Rückstand auf dem Rad von rund 2:50min auf mich erhalten.

Die Laufstrecke war auch nicht gerade flach und hatte 150 Höhenmeter, aber im Gegensatz zu Ibiza gab es nicht die super steile Burg mit Kopfsteinpflaster.

Auf der Laufstrecke – © Dennis Glaubach

Mittlerweile wurde es immer wärmer, die Sonne brannte und die Temperatur lag im Schatten bei ca. 26 Grad. Im 3:20iger Tempo versuchte ich kontrolliert zu laufen und mich bei jeder Verpflegungs-station gut herunterzukühlen.

Auch durch die vielen mich anfeuernden Zuschauer wurde mein Lauf nie zäh. Mir wurde zugerufen, dass Patrick Lange anfangs nicht viel Zeit auf mich gut machte.
Die letzten 5km taten dann nochmal mehr weh, aber es kam nicht der Einbruch wie auf Ibiza – sondern das Ziel immer näher.

Pure Emotionen – © Ingo Kutsche

Im Zielkanal kamen meine Emotionen hoch. Ich freute mich riesig und schrie es aus mir heraus – endlich durfte ich das lang ersehnte Zielband von IRONMAN in meinen Händen halten – unbeschreiblich glücklich.

Zielschrei – © Ingo Kutsche

Plötzlich stand ich im Mittelpunkt – einfach unglaublich. Jeder gratulierte mir und wollte ein Foto mit mir. Bei der Siegerehrung die Sektdusche mit dem Ironmanweltmeister Patrick Lange, den ich auf  Platz 2 hinter mir lassen konnte und auch den zweifachen Olympiateilnehmer Andrea Salvisberg auf Platz 3 hatte ich geschlagen.

Das Podium von links: Patrick Lange, Rico Bogen, Andea Salvisberg – © Ingo Kutsche

Mein SIEG beim 70.3 Rennen in Kraichgau war gleichzeitig die Qualifikation für die 70.3 Weltmeisterschaft in Lahti (Finnland) Ende August 2023.

Der Medienrummel danach ist auch krass. Zahlreiche Zeitschriften und Podcast nannten mich, viele neue Instagram Abonnenten folgten mir und großen Dank für die vielen lieben Nachrichten und Glückwünsche.

Danke nochmals an meine Unterstützer, die immer an mich glauben und zu mir halten.

Im Ziel mit meinem Trainer Josef Spindler

Wenn ich gesund bleibe, werde ich am 18.6.2023 in Luxemburg bereits mein nächstes 70.3 Profi-Rennen starten, dann folgt eine Woche darauf die 1. Bundesliga (Sprint) am Schliersee und am 8.7.2023 die Deutsche Meisterschaft im Sprinttriathlon, ebenfalls in der 1. Bundesliga.